Ist Doping im Golfsport ein ernstes Problem?
Doping im Golfsport ist ein selten besprochenes Thema. Eine aktuelle Studie erleuchtet, was Golfer so einnehmen.
Was nehmen Golfsportler so ein?
Bianca Werdelmann spielt in ihrer Freizeit selbst aktiv Golf. So war es nur naheliegend, dass sie irgendwann Studienfeld und Hobby verbinden würde. Über eine bundesweite Online-Umfrage hat sie Informationen von fast 900 Spielern gesammelt, um in Erfahrung zu bringen, was sie so einnehmen und welchen Effekt es auf ihre Performance hat. Auch das Feld an Spielern war recht weit, mit Handicaps zwischen 0 und 54.
Laut der Auswertung konsumieren 40,1 % der Subjekte Nahrungsergänzungsmittel beim Golf, auf Turnieren sogar 43 %, darunter 75 % Vitamine und 32,95 % Proteine. Die Gründe dafür sind vielfältig und liegen zwischen Gesunderhaltung bei den meisten Golfern, Unterstützung der Regeneration, Vorbeugung von Verletzungen und Krankheiten, Kompensation der Ernährung, Leistungssteigerung und auch einfach bei Behandlungen von Krankheiten auf einem weiten Spektrum.
Das mag verdammend wirken, doch ist im Kontext der allgemeinen Population nicht weiter verwunderlich. Gut ein Drittel der allgemeinen deutschen Bevölkerung nimmt Nahrungsergänzungsmittel ein, eine Zahl, die in der athletischen Bevölkerung nochmal deutlich höher steigt, da Sportler schon von sich aus eher auf ihre Gesundheit achten. Auch sind Nahrungsergänzungsmittel nicht zwangsläufig hilfreich. Besonders Vitamine sind hier oft im Gespräch, da Leute, die keinen Vitaminmangel haben, normalerweise keine Vorteile aus dem Konsum von Vitaminen ziehen und sogar dem Körper dabei schaden können, diese Stoffe selbst zu produzieren. Und natürlich sind zumindest theoretisch hilfreiche Substanzen auch nicht alles, was Golfsportler einnehmen.
Eine überraschend hohe Zahl findet sich zum Beispiel bei Schmerzmitteln. 46,6 % der befragten Golfer konsumierten Schmerzmittel, eine Zahl, die auf Turnieren auf 52,1 % anstieg, mehr als die Hälfte. Schockierenderweise nahmen gut ein Drittel der Befragten sogar prophylaktisch Schmerzmittel ein, was besonders gefährlich ist, da Schmerzmittelkonsum ohne klare Notwendigkeit nicht nur wie üblich schon gesundheitsschädigend ist, sondern in prophylaktischen Situationen potenziell noch nicht mal den Zweck eines Schmerzmittels erfüllt.
Auch Alkohol ist bei Golfern beliebt, sowohl bei Turnieren als auch außerhalb. 40,4 % der Spieler trinken beim Golfen Alkohol, auf Turnieren mit 47,2 % fast die Hälfte, in den meisten Fällen Bier, gefolgt von Sekt. Oft geschieht dieses Trinken vor und während dem Spiel, eher seltener danach.
Alkohol ist nicht nur schädlich für die Leistung und die Ergebnisse der Sportler, sondern auch potenziell gefährlich. Andere Sportarten, bei denen Athleten mit gefährlichen Projektilen hantieren, wie beispielsweise Bogensport, haben strikte Regeln gegen den Alkoholkonsum. Die Gefahr, dass Unbeteiligte verletzt werden, ist einfach zu hoch.
Fazit: Ist das, was Golfer einnehmen, wirklich Doping?
Es kristallisiert sich klar heraus, dass Golfsportler viele Substanzen einnehmen, die in anderen Sportarten verboten wären. Es zeigt sich aber auch, überraschenderweise, dass die meisten dieser Substanzen auf lange Zeit oder sogar während des Spiels leistungsschädigend sein können.
Doping ist ein kompliziertes Thema. Die meisten Dinge, die wir einnehmen, sei es gesundes oder ungesundes Essen, zuckerhaltige oder zuckerfreie Getränke oder auch die Zeiten, an denen wir Essen zu uns nehmen, haben merkbare Effekte auf unsere Leistung. Auch unsere Körper sind grundlegend verschieden. Dass manche besser für den Sport geeignet sind, als andere, ist Teil des Gedankens hinter dem Wettbewerb, der uns alle beim Sport so begeistert. Zu erkennen, wann etwas genug Vorteile bietet, um Doping zu sein, ist nicht einfach. Und besonders beim “Doping” im Golf sind andere Fragen vielleicht wichtiger.
Besonders bei Alkohol könnte es lohnend sein, ausführlichere Studien durchzuführen, da Alkoholkonsum beim Sport gefährliche Konsequenzen haben kann, besonders bei einem Outdoor-Sport wie Golf, wo allein schon die Hitze oft den Alkohol heruntertreibt, wenn grade kein Wasser zur Hand ist. Und wo auch die Gefahr eines Zusammenbruchs unter Alkohol noch weiter steigt.
Das Problem im Golf ist also weniger Doping, sondern eher die verstärkte Einnahme gefährlicher Substanzen. Besonders bei Schmerzmitteln raten wir unseren Lesern dazu, sich im Zaum zu halten. Wenn der Körper dazu rät, eine Pause zu machen, ist die Pause üblicherweise eine bessere Idee, als eine Ibu einzuschmeißen.
Doping ist nicht grundlos ein großes Thema in zahlreichen Sportarten, besonders auf professioneller Ebene. Die richtigen Ergänzungsmittel, Steroide und Hormone, können einen Spieler über den Leistungsstandard hinaus verstärken, den man allgemein als “Fair Play” bezeichnen würde. Viele katastrophale Skandale der letzten Jahre haben das Thema in den allgemeinen Diskurs gerückt, sei es im Radsport oder bei olympischen Disziplinen. Immerhin soll ja der ganze Sinn von kompetitiven Disziplinen sein, die besten der besten bei der Arbeit zu sehen. Wer einen unfairen Vorteil hat, bricht diese grundlegende Regel.
Im Golfsport ist Doping jedoch bisher selten ein großes Thema gewesen. Manche fragen sich jetzt vielleicht sogar “Wie soll man im Golf denn dopen?” Immerhin fordert Golf normalerweise nicht wirklich athletische Höchstleistungen, es geht eher um Präzision. Aber das heißt nicht, dass Nahrungsergänzungsmittel und ähnliche Substanzen nicht die Perfomance beeinflussen können. Bianca Werdelmann, Master of Sc. Sportphysiotherapie und Doktorandin an der Deutschen Sporthochschule Köln hat sich diesem Thema kürzlich angenommen.
Was nehmen Golfsportler ein? Was davon hilft tatsächlich und was ist eher von Nachteil? Und kann man im Golfsport überhaupt wirklich von Doping sprechen?